Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 17.12.2014 – 1 Bvl 21/12 – entschieden, dass die §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 Erbschaftssteuer – Gesetz verfassungswidrig sind. Bei den genannten Regelungen handelt es sich im wesentlichen um solche, die den Übergang von Betriebsvermögen, von qualifizierten Anteilen an Kapitalgesellschaften und von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen betreffen.
Mit welcher Situation sieht sich die Praxis in der Erbschaftssteuer nach dem Urteil konfrontiert?
Das seit der Erbschaftsteuer – Reform 2009 geltende Recht beim Übergang von Betriebsvermögen: Befreiung von der Erbschaftssteuer in Höhe von 85% (Regelverschonung) bzw. 100% (Optionsverschonung) bei Vorliegen von bestimmten Voraussetzungen ist in der Praxis bekannt und wurde seit dem Inkrafttreten der Erbschaftssteuer – Reform entsprechend gehandhabt. Nunmehr kommt das BVerfG zu dem Ergebnis, dass die derzeitige Ausgestaltung der Erbschaftssteuer nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar ist, jedoch längstens bis zum 30.06.2016 weiter anwendbar bleibt. Der Gesetzgeber muss jedoch bis spätestens bis zu diesem Zeitpunkt eine Neuregelung treffen, die sich an den Vorgaben des BVerfG orientiert. Hierbei steht es dem Gesetzgeber frei, die Neuregelungen auch mit Rück-wirkung auf den 17.12.2014 zu schaffen, d.h. unabhängig davon, dass die gegenwärtige Regelung längstens bis zum 30.06.2016 gilt, kann der Gesetzgeber in dieser Zeit das Urteil des BVerfG umsetzen mit Rückwirkung der Neuregelungen auf den 17.12.2014.
Unjuristisch gesprochen bedeutet dies für die Erbschaftssteuer: Was man hat, weiß man, was kommen wird, weiß man nicht; ob die zu erwartenden Neuregelungen rückwirkend auf den Tag der Urteilsverkündung erlassen werden, ist ebenfalls nicht bekannt. Hier kann nur vermutet werden, dass eine Rückwirkung auf den 17.12.2014 insbesondere die durch das BVerfG ausdrücklich kritisierten Gestaltungen, wie Betriebsaufspaltungen zum Zwecke der Umgehung der Lohnsummenregelung und Auslagerung von Verwaltungsvermögen auf andere Gesellschaften, erfassen könnte. Sollte dies der Fall sein, können bis zum 30.06.2016, in anderen als den vorgenannten Fallgestaltungen, Unternehmensübertragungen nach derzeit geltendem Recht durchgeführt werden.
Wer jetzt vor der Frage steht, eine Unternehmensübertragung vorzunehmen, sollte sich ernsthaft damit befassen, dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt, bzw. spätestens bis zum 30.06.2016, zu realisieren, da es wenig wahrscheinlich ist, dass die zwingend notwendigen Neuregelungen auf Grund der Entscheidung des BVerfG eine finanzielle Entlastung mit sich bringen werden. Für den Fall, dass die Neuregelungen sich in vollem Umfang auf den 17.12.2014 rückwirkend erstrecken sollten, kann in den jeweiligen Übertragungsverträgen mit sogenannten „Steuerklauseln“ gearbeitet werden, um nicht gewünschten steuerlichen Ergebnissen entgegen zu wirken.
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