Die Abfindung ist im deutschen Arbeitsrecht eine Geldzahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer aus dem Anlass einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Damit soll in der Regel der Arbeitnehmer für den Verlust seines Arbeitsplatzes entschädigt werden. Eine solche Entschädigung stellt jedoch häufig nicht wirklich einen angemessenen Ausgleich dar, sondern erleichtert allenfalls die Überbrückungszeit bis zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung.
Von der Abfindung zu unterscheiden sind Schadensersatzansprüche. Diese setzen eine schuldhafte Pflichtverletzung einer Partei voraus.
Im Gegensatz zu Schadensersatzansprüchen besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, ein gekündigter Arbeitnehmer habe immer einen klagbaren Anspruch auf eine Abfindung.
Abweichend von diesem Grundsatz gibt es folgende Fälle, in denen ein Rechtsanspruch auf Abfindung bestehen kann:
Der häufigste Fall einer Abfindung ist jedoch der sogenannte Abfindungsvergleich. Beim Abfindungsvergleich einigen sich die Parteien in der Regel im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zahlung eines Geldbetrages zum Ausgleich dafür. Für den Arbeitgeber liegen die Vorteile auf der Hand: Das Prozessrisiko, dass insbesondere darin besteht, dass der Arbeitgeber bei verlorenem Kündigungsschutzprozess nicht gezahlte Vergütung nebst Zinsen für den Zeitraum von der von ihm gewünschten Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Prozesses nachzahlen muss (sogenanntes Annahmeverzugsrisiko), wird somit vermieden. Zudem nicht zu unterschätzen ist das Interesse des Arbeitgebers, einen Gesichtsverlust durch Rückkehr des gekündigten Arbeitnehmers in den Betrieb zu vermeiden. Für den Arbeitnehmer liegt der Vorteil darin, nicht in ein belastetes Arbeitsumfeld zurückkehren zu müssen. Im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung kann ein solcher Vergleich den Makel eines vorgeworfenen Fehlverhaltens kaschieren. Letzteres führt dann auch dazu, dass die von der Arbeitsagentur regelmäßig verhängte Sperrzeit für das Arbeitslosengeld wegfällt bzw. nicht eintritt. Dies gilt jedenfalls im Falle eines gerichtlichen Vergleichs. Die Höhe der Abfindung ist grundsätzlich Verhandlungssache. In Berlin-Brandenburg wird durch die Gerichte meist eine an § 1a KSchG orientierte Höhe (s.o.) bevorzugt. Dies ist aber regional in Deutschland unterschiedlich. Zudem kommt es auch auf die Prozesslage an, welche Partei das größere Interesse an einem Vergleichsabschluss hat und daher eher Nachteile bei der Höhe der Abfindung hinnehmen muss. Idealerweise sollte bei der Bemessung der Abfindungshöhe auch bedacht werden, in welchem Maße der Arbeitnehmer voraussichtlich einen Ausgleich für das nicht mehr vorhandene Einkommen benötigt. Leider ist es aufgrund der prozessualen Situation und auch der begrenzten Leidensfähigkeit des gekündigten Arbeitnehmers nicht immer möglich, diesen Gesichtspunkt wirklich zum Tragen zu bringen. Die Fälligkeit der Abfindung ist meist entsprechend der Wertung des § 271 BGB mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses gegeben. Eine klarstellende Regelung im Vergleichstext kann hilfreich sein. Zudem können steuerliche Gesichtspunkte einen anderen zu vereinbarenden Fälligkeitstermin ratsam erscheinen lassen.
Was das Ende des Arbeitsverhältnisses betrifft, muss In jedem Falle beachtet werden, dass das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses mit der gesetzlichen Kündigungsfrist konform läuft, wenn Nachteile beim Bezug des Arbeitslosengeldes vermieden werden sollen. Ansonsten kann es dazu führen, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist ruht (§ 157 SGB III). Sollte dies absehbar sein, muss sich diese Zeit in der Höhe der Abfindung widerspiegeln.
Fraglich ist häufig, wer die Steuern auf die Vergleichssumme zahlt. Dies ist meist der Arbeitnehmer. Wird vereinbart, die Summe sei brutto zu zahlen, oder auch brutto gleich netto, so bleibt es bei dieser Verteilung. Wenn eine Nettozahlung vereinbart wird, ist damit gemeint, dass der Arbeitgeber die Steuerlast trägt.
Wird in einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beendet und eine Abfindung vereinbart, so sind zur Vermeidung von Nachteilen auch die oben genannten Aspekte zu berücksichtigen. Der gravierende Nachteil eines Aufhebungsvertrages liegt darin, dass in aller Regel eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld von 12 Wochen nach § 159 SGB III verhängt wird. Dies, weil der Arbeitnehmer versicherungswidrig an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt habe. Eine Sperrzeit kann nur dann vermieden werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund wird z.B. angenommen, wenn eine objektiv rechtmäßige Kündigung durch den Arbeitgeber droht und dem Arbeitnehmer die Hinnahme der Kündigung nicht zugemutet werden kann. Sowohl die Rechtmäßigkeit der Kündigung, als auch das Zumutbarkeitskriterium sind schwer einschätzbar. Ein erhöhtes Risiko einer Sperrzeit ist daher regelmäßig gegeben. Im Falle einer drohenden betriebsbedingten Kündigung kommt allerdings ein Verzicht auf eine Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der Kündigung durch die Arbeitsagentur in Betracht, wenn sich die Abfindung im Rahmen des § 1a KSchG (s.o.) bewegt (z.B. LSG Baden-Württemberg, Az. L13 1434/11 vom 21.08.2012). Hier bietet eine Kündigung nach § 1a KSchG (s.o.) den Vorteil, dass keine Sperrzeiten zu befürchten sind und die komplexen Wertungen des Aufhebungsvertrages wegfallen.
Im Rahmen dieses Artikels kann nicht auf alle denkbaren Einzelgesichtspunkte dieser Thematik eingegangen werden. Daher ist die Lektüre des Artikels auch kein Ersatz für eine Rechtsberatung im Einzelfall.
Gerne berate ich Sie, wenn Sie von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses betroffen sind oder als Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis beenden wollen und Fragen zum Thema Abfindung haben. Im Falle eines Kündigungsschutzverfahrens setze ich mich gerne dafür ein, dass eine Ihren Interessen entsprechende Abfindung erzielt wird.
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